Die Zeit steht still

August 2017

In der Ausstellung von Angela Hennessy aus Hannover im Glashaus möchte man die Bilder am liebsten anfassen, weil man seinen Augen nicht traut. Ist das echt? Hängen da wirklich Blätter vor der Leinwand? Das kann doch nicht gemalt sein, oder? Doch wer sich nur mit dem Trompe-l’œil ihrer Arbeiten beschäftigt, verpasst den eigentlichen Teil der surreal wirkenden Malerei.

Die Bilder leben vom Kontrast einer malerischen Oberfläche und den realistischen Objekten darüber. In der Grundierung durchdringen und überlagern sich die Farbschichten, sie gleichen wunderschön verwitterten Wänden, die eigentlich nur die Zeit erschaffen kann. Die Himmel sind lichtdurchflutet und die Farben unaufdringlich, zurückhaltend und pastell.

Vor diese homogenen Flächen stellt Angela Hennessy isolierte Objekte: Welke Blätter hängen an dünnen weißen Fäden. Federn trotzen allen Gesetzen der Schwerkraft. Die Venus von Botticelli erscheint als sich wiederholender Schattenriss. Abgebrochene Zweige verwandeln sich in fremdartigen Zeichen. Ein metallener Kleiderbügel wird zum Sinnbild von Leichtigkeit und Fragilität.

Alle Gegenstände sind ihrer natürlichen Umgebung beraubt. Die Blätter hängen an keinem Baum. Die Federn haben ihren Vogel verloren. Die Blumen sind gepflückt. Der Zweig ist gebrochen. Die Muschel ist leer. Der Pinsel ist ohne Farbe. In ihrer Vereinzelung offenbaren sie ihre Schönheit, wie in den Pflanzenfotos von Karl Blossfeldt. Sie wirken verändert, rätselhaft und erhaben. Irgendwie nicht von dieser Welt.

Das Thema von Angela Hennessy ist nicht die malerische Perfektion, sondern die Zeit und die Vergänglichkeit und was wir dem Tod entgegensetzten können. Die aus dem Leben herausgenommen Objekte erstrahlen in ihrer hyper-realen Erscheinung in aller Schönheit, denn nichts wirkt so lebendig, wie im Angesicht seines Verfalls.

Alle Objekte werden von der Malerin so streng arrangiert wie ein japanischer Zen-Garten. Nichts wird dem Zufall überlassen, alles ist komponiert und arrangiert. In dieser Strenge liegt aber kein Zwang. Vielmehr eine große Freiheit, die die Dinge ehrt, sie erhöht und sich selbst überlässt. Die Bilder von Angela Hennessy beschwören die Magie des Augenblicks und immer hat man das Gefühl, die Zeit steht still.